Kind verdeckt Augen vor Verzweifelung.

Psychische Belastung in Pandemie

Lauterbach: Kinder wurden enormem Druck ausgesetzt

Deut­li­che Wor­te von SPD-Gesund­heits­exper­te Karl Lau­ter­bach: Kin­der hät­ten in den ver­gan­ge­nen Mona­ten enorm unter der Pan­de­mie gelit­ten und Ängs­te ent­wi­ckelt, ihre Ver­wand­ten mit dem Coro­na­vi­rus anzu­ste­cken. Er plä­diert erneut dafür, sie schon jetzt zu imp­fen. Die­se Ein­schät­zung tei­len nicht alle Kollegen. 

Der SPD-Gesund­heits­exper­te Karl Lau­ter­bach hat den Umgang mit Kin­dern in der Coro­na-Pan­de­mie als falsch kri­ti­siert. Dass Kin­dern erzählt wor­den sei, sie dürf­ten nicht in die Schu­le gehen, weil sie sich sonst mit dem Virus infi­zie­ren und ihre Groß­el­tern gefähr­den oder schlimms­ten­falls sogar umbrin­gen könn­ten, sei “voll­kom­men dane­ben” gewe­sen, sag­te Lau­ter­bach in einem gemein­sa­men “F.A.Z.”-Interview mit dem Direk­tor der Abtei­lung für Kin­der­kar­dio­lo­gie und Inten­siv­me­di­zin am Kli­ni­kum der Uni­ver­si­tät Mün­chen und Prä­si­dent der Deut­schen Gesell­schaft für Päd­ia­tri­sche Kar­dio­lo­gie, Pro­fes­sor Niko­laus Haas. 

“Die Kin­der wur­den einem enor­men psy­chi­schen Druck aus­ge­setzt. Die hat­ten schlim­me Schuld­ge­füh­le”, so Lau­ter­bach. Medi­zi­ner Haas sag­te: “Den Kin­dern wur­de wäh­rend der Pan­de­mie Angst ein­ge­jagt: Kin­der, wenn ihr aus der Schu­le nach Hau­se kommt, steckt ihr die Oma an und bringt sie um, des­halb müsst ihr zu Hau­se blei­ben. Das war natür­lich Unsinn.” 

Lau­ter­bach plä­dier­te dafür, auch Kin­der schon jetzt gegen das Coro­na­vi­rus imp­fen und sie “in ein weit­ge­hend nor­ma­les Schul­jahr star­ten” zu las­sen. “Wir soll­ten ihnen anbie­ten, was wir uns selbst gön­nen”, sag­te er. Haas wider­sprach dem: “Ich bin kein Impf­geg­ner und möch­te auch, dass die Kin­der so schnell wie mög­lich in ein nor­ma­les Leben zurück­keh­ren. Aber zu imp­fen brau­chen wir sie dafür nicht”, sag­te der Medi­zi­ner in dem Dop­pel-Inter­view mit Lauterbach. 

Daten aus Isra­el und Eng­land zeig­ten, dass Del­ta für Kin­der nichts Schlim­me­res bedeu­te als die vor­he­ri­gen Vari­an­ten oder der Wild­typ, so Haas. “Außer­dem wis­sen wir, dass Aus­brü­che in Schu­len gleich­zei­tig mit Aus­brü­chen in den Gemein­den pas­sie­ren. Das Virus wird durch Erwach­se­ne in die Schu­len getra­gen. Dass Kin­der ein­an­der, ihre Leh­rer oder Eltern anste­cken, ist extrem sel­ten.” Haas plä­dier­te dafür, die Schu­len “unter Ein­hal­tung der Hygie­ne­re­geln” offen­zu­hal­ten, und statt der Kin­der die Leh­rer zu imp­fen. https://datawrapper.dwcdn.net/U0RAz/

In die­sem Fall befürch­tet Lau­ter­bach jedoch neue “gro­ße Aus­brü­che” nach den Som­mer­fe­ri­en. “Ich glau­be nicht, dass wir mit Lüf­ten und leich­ten Mas­ken ver­hin­dern kön­nen, dass sich Kin­der unter­ein­an­der anste­cken. (…) Da wür­de eine Durch­seu­chung statt­fin­den mit allem, was dazu gehört, etwa Kin­der, die in Qua­ran­tä­ne müs­sen, weil sie selbst oder ihr Sitz­nach­bar infi­ziert sind. Und wenn sie aus der Qua­ran­tä­ne zurück sind, erkrankt ein ande­res Kind, und alles geht von vor­ne los. Wir hät­ten wie­der ein Katastrophenschuljahr.” 

Eine “Durch­seu­chung” von Kin­dern und Jugend­li­chen anzu­stre­ben, hal­te er für gefähr­lich, ergänz­te Lau­ter­bach. Er wol­le “kein Feld­ex­pe­ri­ment machen, indem wir sagen, wir las­sen unse­re Kin­der sich infi­zie­ren mit der Del­ta- oder gar einer noch schlim­me­ren Vari­an­te”. Kin­der­kar­dio­lo­ge Haas hält die­se Befürch­tung indes für “spe­ku­la­tiv”: “Wir haben doch Erfah­rung mit ein­ein­halb Jah­ren Coro­na in Deutsch­land, wir haben Hun­dert­tau­sen­de infi­zier­te Kin­der gese­hen, und den aller­we­nigs­ten ist etwas pas­siert. Selbst die indi­schen Kin­der­ärz­te emp­feh­len kei­ne Imp­fung für Kinder.” 

Der SPD-Poli­ti­ker Lau­ter­bach sag­te in dem Inter­view wei­ter, “spä­tes­tens in vier Wochen” gebe es “viel mehr Impf­stoff als Impf­lin­ge”. “Wenn wir nur die Kin­der imp­fen wür­den, die das jetzt schon wol­len, käme schon eine erheb­li­che Zahl zusam­men. Zum Schul­be­ginn hät­ten vie­le zumin­dest eine Imp­fung. Und für die har­te Zeit ab Novem­ber wäre man dann mit den Zweit­imp­fun­gen durch. Wenn wir eine Immu­ni­tät unter Schü­lern von 60 bis 70 Pro­zent hin­be­kä­men, könn­ten wir wie frü­her unterrichten.” 

Befürch­tun­gen, eine Imp­fung kön­ne für jun­ge Erwach­se­ne mehr Risi­ken als Nut­zen haben, teilt Lau­ter­bach nicht. “Wir haben schon Mil­lio­nen jun­ge Erwach­se­ne in ande­ren Län­dern geimpft und gese­hen, dass nichts Schlim­mes pas­siert ist.” Der Kör­per einer 15-Jäh­ri­gen unter­schei­de sich nicht kate­go­risch von einer 18-Jäh­ri­gen, sag­te Lau­ter­bach in dem “F.A.Z.”-Interview. “Die Idee, dass die Imp­fung gefähr­li­cher ist als eine Erkran­kung, hal­te ich für abwegig.” 

Quel­le: ntv.de, hek

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