Außergerichtliche Streitbeilegung — Mediation

Die Media­ti­on bie­tet Bür­ge­rin­nen und Bür­gern der moder­nen Zivil­ge­sell­schaft die Mög­lich­keit, Kon­flik­te in einem trans­pa­ren­ten Ver­fah­ren selbst auf­zu­grei­fen und mit Hil­fe eines Media­tors als neu­tra­lem Ver­mitt­ler auto­nom zu lösen. Im Mit­tel­punkt des Ver­fah­rens ste­hen die Inter­es­sen der Par­tei­en. Gegen­über einem auf die Bewer­tung der Rechts­la­ge fokus­sier­ten Gerichts­ver­fah­ren hat die Media­ti­on mit­hin den Vor­teil, dass die Betrof­fe­nen selbst viel bes­ser etwa­ige öko­no­mi­sche oder per­sön­li­che Gesichts­punk­te berück­sich­ti­gen und so die best­mög­li­che Lösung mit einem Maxi­mum an Akzep­tanz ver­ein­ba­ren können. 

Media­ti­on: Eine Form der außer­ge­richt­li­chen Kon­flikt­lö­sung zwi­schen allen am Kon­flikt Beteiligten.

Zu unter­schei­den ist die Media­ti­on inso­weit von dem gericht­li­chen, nota­ri­el­len oder anwalt­li­chen Ver­ständ­nis der Auf­ga­be der Ver­mitt­lung. So ist zum Bei­spiel in § 165 FamFG die Ver­mitt­lung durch das Gericht bei Kon­flik­ten um das Umgangs­recht mit Kin­dern gere­gelt. Gemäß § 278 Absatz 1 ZPO ist das Gericht gehal­ten, in jeder Lage des Ver­fah­rens auf eine güt­li­che Bei­le­gung des Rechts­streits oder ein­zel­ner Streit­punk­te bedacht zu sein. Auch dies eine rich­ter­li­che Ver­mitt­lungs­auf­ga­be. Nach § 363 FamFG ver­mit­telt der Notar auf Antrag eines Mit­er­ben bei der Erbaus­ein­an­der­set­zung, sofern nicht ein zur Aus­ein­an­der­set­zung berech­tig­ter Tes­ta­ments­voll­stre­cker vor­han­den ist. § 18 Berufs­ord­nung für Rechts­an­wäl­te spricht davon, dass der Rechts­an­walt den Regeln des anwalt­li­chen Berufs­rechts unter­liegt, wenn er als Ver­mitt­ler, Schlich­ter oder Media­tor tätig wird. Wie bei der Media­ti­on wer­den auch bei einer Ver­mitt­lung ver­schie­de­ne Posi­tio­nen durch einen Drit­ten so auf­ein­an­der zuge­führt, dass — soweit mög­lich — eine sach­ge­rech­te Eini­gung erreicht wer­den kann. 

Zur Media­ti­on wird die­se Ver­mitt­lung jedoch erst dann, wenn der Ver­mitt­ler neu­tral ist und den Betei­lig­ten die Lösung nicht vor­gibt. Die Lösung muss von den betei­lig­ten Kon­flikt­par­tei­en selbst erar­bei­tet wer­den. Der Mediator/die Media­to­rin ist Helfer/in und Vermittler/in bei der Kom­mu­ni­ka­ti­on sowie im Ver­hand­lungs- und Eini­gungs­pro­zess. Im Unter­schied zum Rich­ter oder Schieds­rich­ter ver­fügt er/sie jedoch über kei­ne Ent­schei­dungs­kom­pe­tenz und macht auch, anders als ein Schlichter/eine Schlich­te­rin, kei­ne direk­ten Lösungsvorschläge.

Media­ti­on kann auch im Wege der Co-Media­ti­on durch­ge­führt wer­den, also von zwei Media­to­ren gemein­sam. Dies bie­tet sich ins­be­son­de­re dort an, wo auf die­se Wei­se die Neu­tra­li­tät oder das Ver­ständ­nis für die Anlie­gen bei­der Par­tei­en bes­ser gewähr­leis­tet wer­den kön­nen. So kann zum Bei­spiel in einem Fami­li­en­kon­flikt eine Co-Media­ti­on von einem männ­li­chen und einer weib­li­chen Mediator/in durch­ge­führt wer­den, von denen eine/r einem juris­ti­schen und eine/r einem psy­cho­so­zia­len Beruf ange­hört. Ein wei­te­res Bei­spiel wäre die Zusam­men­ar­beit eines Betriebs­wirts mit einem Tech­ni­ker in einer Wirtschaftsmediation.

Die Mediation nach bisherigem Verständnis ist 

  • ein außer­ge­richt­li­ches Kon­flikt­lö­sungs­ver­fah­ren zwi­schen allen am Kon­flikt Beteiligten,
  • das von einem oder meh­re­ren Media­to­ren als exter­nen, unab­hän­gi­gen und neu­tra­len Drit­ten durch­ge­führt wird,
  • das von den Prin­zi­pi­en der Frei­wil­lig­keit, Eigen­ver­ant­wort­lich­keit und der Gemein­sam­keit getra­gen wird,
  • und an des­sen Ende eine fall- und pro­blem­spe­zi­fi­sche Kon­flikt­re­ge­lung oder ‑lösung steht, die von den Kon­flikt­par­tei­en selbst erar­bei­tet wurde.
  • Die Media­to­ren sind ver­ant­wort­lich für die Kom­mu­ni­ka­ti­on und den Aus­gleich zwi­schen den Par­tei­en, nicht jedoch für das inhalt­li­che Ergeb­nis der Verhandlungen.
  • Das Ergeb­nis wird schrift­lich festgehalten.
  • Als wei­te­re Merk­ma­le des Ver­fah­rens sind die ver­trau­ens­vol­le und offe­ne Kom­mu­ni­ka­ti­on und Koope­ra­ti­on zu nen­nen. Auch die Ver­trau­lich­keit des gespro­che­nen Wor­tes ist für das Media­ti­ons­ver­fah­ren zu gewährleisten.

Ein Mediationsverfahren kann wie folgt ablaufen:

  1. Erläu­te­rung des Ver­fah­rens und der grund­le­gen­den Regeln 
    (Ablauf des Media­ti­ons­pro­zes­ses und Rol­le der Media­to­ren erläu­tern, Media­ti­ons­eig­nung des Kon­flikts der Par­tei­en klä­ren, Ver­trag für das Ver­fah­ren abschließen)
  2. Erar­bei­tung der rege­lungs­be­dürf­ti­gen Fra­ge­stel­lun­gen 
    (The­men sam­meln und vor­läu­fig bewer­ten, Über­ein­stim­mun­gen und Mei­nungs­ver­schie­den­hei­ten her­aus­ar­bei­ten, die Rei­hen­fol­ge für die Bear­bei­tung der The­men festlegen)
  3. Bear­bei­tung des Kon­flikts 
    (die für die Pro­blem­be­ar­bei­tung wesent­li­chen Infor­ma­tio­nen zusam­men­tra­gen, unter­schied­li­che Sicht­wei­sen dar­le­gen und Ver­ständ­nis für die­se ent­wi­ckeln, von Posi­tio­nen zu Bedürf­nis­sen und Inter­es­sen über­ge­hen, Grund­la­gen für eine Ent­schei­dungs­fin­dung erarbeiten)
  4. Lösung des Kon­flikts 
    (Ent­wick­lung von Optio­nen zur Kon­flikt­lö­sung, Prü­fung und Erör­te­rung mög­li­cher Kon­flikt­re­ge­lun­gen im Hin­blick auf bestehen­de Umset­zungs­mög­lich­kei­ten, vor­läu­fi­ge oder Teil­lö­sun­gen erpro­ben, eine Gesamt­ver­ein­ba­rung entwerfen)
  5. Abschlie­ßen­de Ver­ein­ba­rung 
    (Gesamt­schau vor­neh­men, schrift­li­che Fixie­rung der Kon­flikt­lö­sung in einem Ver­trag und des­sen Über­prü­fung, ver­bind­li­cher Vertragsschluss).

Die Ziele eines Mediationsverfahrens sind:

  • kon­struk­ti­ve,
  • indi­vi­du­el­le,
  • zukunfts­ori­en­tier­te,
  • koope­ra­ti­ve,
  • trag­fä­hi­ge, nach­hal­ti­ge, das heißt dau­er­haf­te und befriedende
  • Kon­flikt­lö­sun­gen, nach Mög­lich­keit mit per­sön­li­chem und sach­li­chem Gewinn für alle Beteiligten.

Bei­spie­le für Anwen­dungs­fel­der von Media­ti­on in Deutschland:

  • in Fami­li­en­sa­chen, ins­be­son­de­re im Zusam­men­hang mit Tren­nung oder Scheidung,
  • in inter­na­tio­na­len Streit­fäl­len z.B. im Bereich des Sor­ge- und Umgangsrechts,
  • im Zusam­men­hang mit Erbstreitigkeiten,
  • im Bereich der Wirtschaft,
  • im Bereich des Zivil­rechts (Nachbar‑, Miet‑, Verbraucherrecht),
  • im Bereich des Baurechts,
  • im Bereich der öffent­li­chen Ver­wal­tung (Schwer­punkt Umweltmediation),
  • im Bereich des Arbeitsrechts,
  • im Zusam­men­hang mit Arzt-/Pa­ti­en­ten­kon­flik­ten,
  • im Bereich des Straf­rechts im Zusam­men­hang mit dem Täter-Opfer-Ausgleich,
  • im Bereich der Schu­len (Schul­me­dia­ti­on),
  • im Bereich poli­ti­scher Konflikte.

Als Mediatorinnen/Mediatoren arbeiten:

  • Psy­cho­lo­gen,
  • Soziologen/Sozialwissenschaftler/Sozialarbeiter,
  • Juris­ten, ins­be­son­de­re Nota­re und Rechtsanwälte,
  • aber auch Rich­ter, soweit sie von der Geschäfts­ver­tei­lung für die­se Ver­fah­ren frei­ge­stellt wur­den oder­au­ßer­halb ihres Rich­ter­am­tes in geneh­mig­ter Neben­tä­tig­keit arbeiten,
  • Unter­neh­mens­be­ra­ter (Betriebs­wir­te, Steu­er­be­ra­ter usw.),
  • Kom­mu­ni­ka­ti­ons­wis­sen­schaft­ler,
  • neu­er­dings im Bereich der Wirt­schafts­me­dia­ti­on auch Ingenieure,
  • Poli­to­lo­gen,
  • Päd­ago­gen,
  • Theo­lo­gen.

Die Auf­zäh­lung ist nicht voll­stän­dig. Es gibt ein breit gefä­cher­tes Aus- und Fort­bil­dungs­an­ge­bot und unter­schied­li­che Maß­stä­be zur Siche­rung der Qua­li­tät von bun­des­weit täti­gen Media­to­rin­nen und Media­to­ren. Ein bestimm­tes Berufs­bild des Media­tors ist im Media­ti­ons­ge­setz nicht vor­ge­schrie­ben. Ein Media­tor muss in eige­ner Ver­ant­wor­tung durch geeig­ne­te Aus- und Fort­bil­dung sicher­stel­len, dass er über die erfor­der­li­chen Kennt­nis­se und Erfah­run­gen ver­fügt, um die Par­tei­en sach­kun­dig durch die Media­ti­on füh­ren zu kön­nen. Das Gesetz legt fest, wel­che Kennt­nis­se, Kom­pe­ten­zen und Metho­den eine geeig­ne­te Aus­bil­dung in der Regel ver­mit­teln sollte. 

Jeder, der die­se Anfor­de­run­gen erfüllt, darf als Media­tor tätig wer­den. Auf­grund der im Media­ti­ons­ge­setz ent­hal­te­nen Ermäch­ti­gung sind durch Rechts­ver­ord­nung zusätz­li­che Aus- und Fort­bil­dungs­in­hal­te für Media­to­ren fest­ge­legt wor­den. Wer eine Aus­bil­dung erfolg­reich durch­lau­fen hat, die den Anfor­de­run­gen der Ver­ord­nung über die Aus- und Fort­bil­dung von zer­ti­fi­zier­ten Media­to­ren (ZMe­diat­AusbV) ent­spricht, darf sich zer­ti­fi­zier­ter Media­tor nen­nen. Zu beach­ten sind Beschrän­kun­gen bei der Aus­übung der media­ti­ven Tätig­keit, die sich aus ande­ren Geset­zen (Berufs­recht, Rechts­be­ra­tungs­ge­setz) erge­ben können.

Mediation als Verfahren konsensualer Konfliktbeilegung; Regelungen im Verfahrens- und Berufsrecht

Am 26. Juli 2012 ist das Media­ti­ons­ge­setz (Arti­kel 1 des Geset­zes zur För­de­rung der Media­ti­on und ande­rer Ver­fah­ren der außer­ge­richt­li­chen Kon­flikt­bei­le­gung vom 21. Juli 2012, BGBl. I S. 1577) in Deutsch­land in Kraft getre­ten. 
Damit ist die Media­ti­on in Deutsch­land gesetz­lich gere­gelt. Zudem setzt die­ses Gesetz die Euro­päi­sche Media­ti­ons­richt­li­nie1 um. Das Media­ti­ons­ge­setz geht über die Anfor­de­run­gen der euro­päi­schen Richt­li­nie hin­aus, die nur für grenz­über­schrei­ten­de Strei­tig­kei­ten in Zivil- und Han­dels­sa­chen gilt. Das Media­ti­ons­ge­setz kommt jedoch für alle Media­tio­nen, die in Deutsch­land durch­ge­führt wer­den, unab­hän­gig von der Art der Strei­tig­keit und dem Wohn­sitz der Par­tei­en, zur Anwendung.

Das deut­sche Media­ti­ons­ge­setz legt nur wesent­li­che Grund­sät­ze fest. Media­to­ren und Par­tei­en sol­len einen wei­ten Gestal­tungs­spiel­raum bei der Durch­füh­rung einer Media­ti­on besit­zen. Das Gesetz defi­niert zunächst die Begrif­fe „Media­ti­on“ und „Media­tor“, um die Media­ti­on gegen ande­re Kon­flikt­lö­sungs­ver­fah­ren abzu­gren­zen. Media­ti­on ist danach ein struk­tu­rier­tes Ver­fah­ren, bei dem die Par­tei­en mit Hil­fe eines Media­tors oder meh­re­rer Media­to­ren frei­wil­lig und eigen­ver­ant­wort­lich eine ein­ver­nehm­li­che Bei­le­gung ihres Kon­flikts anstre­ben. Media­to­ren sind unab­hän­gi­ge und neu­tra­le Per­so­nen ohne Ent­schei­dungs­be­fug­nis, die die Par­tei­en durch die Media­ti­on füh­ren. Auf eine detail­lier­te Ver­fah­rens­ord­nung für die Durch­füh­rung einer Media­ti­on wird ver­zich­tet. Dage­gen sind ver­schie­de­ne Offen­ba­rungs­pflich­ten und Tätig­keits­be­schrän­kun­gen fest­ge­legt, um die Unab­hän­gig­keit und Neu­tra­li­tät der Media­to­ren sicher­zu­stel­len. Fer­ner ist die Ver­schwie­gen­heits­pflicht der Media­to­ren ein­schließ­lich ihrer Hilfs­per­so­nen aus­drück­lich gesetz­lich geregelt.

Das Gesetz schafft in den ein­zel­nen Ver­fah­rens­ord­nun­gen (u. a. Zivil­pro­zess­ord­nung) ver­schie­de­ne Anrei­ze, um eine ein­ver­nehm­li­che Kon­flikt­bei­le­gung zu för­dern. So “sol­len” die Par­tei­en künf­tig bei Ein­rei­chung einer Kla­ge­schrift vor den Zivil­ge­rich­ten dar­le­gen, ob sie ene außer­ge­richt­li­che Kon­flikt­bei­le­gung bei­spiels­wei­se durch Media­ti­on ver­sucht haben und ob ihrer Mei­nung nach einem sol­chen Ver­fah­ren Grün­de ent­ge­gen­ste­hen. Fer­ner kann das Gericht den Par­tei­en eine Media­ti­on oder ein ande­res Ver­fah­ren der außer­ge­richt­li­chen Kon­flikt­bei­le­gung vor­schla­gen und, sofern die Par­tei­en die­sen Vor­schlag auf­grei­fen, das Ruhen des Ver­fah­rens anord­nen. Eine Media­ti­ons­kos­ten­hil­fe ist der­zeit nicht vorgesehen